Eva Mühlbacher - JG 2008

Mhlbacher01Eva Mühlbacher, Maturajahrgang 2008

Meine Schulzeit war die Aufforderung, mit der Welt in einen Dialog zu treten.

In der AMS erhält man eine fundierte und sehr umfangreiche Bildung. Schon unmittelbar nach der Matura habe ich bemerkt, wie viel Wissen ich vermittelt bekommen habe. Ich habe mich nach meinem Abschluss entschieden, ein eher unkonventionelles Fach zu studieren, nämlich Deutsche Philologie (Germanistik). Meine Leidenschaft für die Literatur ist in der Schule gefördert worden und ich habe eine exzellente Basis mitbekommen, auf die sich im Studium aufbauen ließ. Ich habe Bachelor und Master in Deutscher Philologie und noch den Bachelor für das Lehramt Deutsch/Geschichte gemacht. Obwohl ich in der Unterstufe in Englisch fast durchgefallen wäre (mein Englischprofessor, Prof. Hermann Fuchs, hat an mich geglaubt und meine Mama bei den Elternsprechtagen immer getröstet), habe ich später an der University of Cambridge studiert. Es zeigt also – manches muss noch ein wenig reifen, aber irgendwann findet man schon seinen Weg.

Die Sprachkenntnisse, die ich in der Schule vermittelt bekommen habe, waren für meinen weiteren Lebensweg besonders entscheidend, aber auch in den anderen Fächern baue ich heute noch auf das Schulwissen. Prof. Gipperich hat uns so lange die gleichen Testfragen in Musik gegeben, dass für mich heute völlig klar ist, dass Ludwig van Beethoven nur eine Oper komponiert hat, und zwar „Fidelio“. Es ist genau dieses Allgemeinwissen, über das immer diskutiert wird, das man in der AMS mitbekommt und das einem später niemand mehr nehmen kann. Ich gehörte zum letzten Schulzweig, der in der dritten Klasse Latein nehmen musste und dann erst ab der fünften aufbauend Französisch dazubekommen hat. Wie oft habe ich gehört: „Das brauchst du nie wieder.“ Tatsächlich aber arbeite ich heute für meine Dissertation im Fachbereich Mittelalterlicher Geschichte in Dalmatien mit Dokumenten in ebendieser Sprache und bin von meinen Professoren auch deshalb dafür angenommen worden, weil ich die dritte Form „latum“ sofort als Partizip Perfekt von „ferro“ erkannt habe. Außerdem gehört Christoph Ransmayrs „Die letzte Welt“ zu meinen absoluten Lieblingsbüchern, bis heute (Danke, Frau Prof. Kirk!).

Wer die AMS abschließt, dem eröffnen sich vielfältige Möglichkeiten. Weil wir uns im Religionsunterricht mit dem Glauben auseinandergesetzt haben, individuell, aber auch sehr kritisch, habe ich mit einem jüdischen Freund von mir eine Pilgerreise nach Jerusalem gemacht. Weil ich Latein, Französisch und Englisch als Schulfächer hatte, habe ich später noch Italienisch und Kroatisch gelernt, habe in England studiert und in Italien gelebt. Weil ich Biologie hatte, begeistert mich jeder Klosterkräutergarten, in dem ich auf meinen Reisen bin.

Mhlbacher02

Die Kernbotschaft lautet: bleib offen für alles, was dich umgibt. Das etwas antiquiert klingende „Albertus Magnus .... der Glaub’ und Wissenschaft vermählt“ aus der Schulhymne ist in Wahrheit eine Lebenseinstellung, die uns alle begleiten kann, wenn wir uns darauf einlassen. Es gibt – unabhängig von der Berufswahl – Situationen, in denen wir das Herz befragen müssen und solche, in denen unser rationales Denken gefragt ist. Diese Eigenschaften zu stärken, ist eine Lebensaufgabe und die AMS legt den Grundstock für diese.

Für künftige Schulgenerationen würde ich mir wünschen, dass es mehr Austausch mit den Partnerschulen weltweit gibt, um das globale Wirken der Marianisten, das schon viel älter ist als der Zeitpunkt, an dem globale Vernetzung „schick“ wurde, aufzuzeigen. Dieses Ausgreifen in ferne Regionen der Welt öffnet den Horizont für neue Lebenswelten und führt uns vor Augen, dass es so viele unterschiedliche Möglichkeiten gibt, Glück zu finden, erfüllt zu sein, einer Arbeit nachzugehen, eine Familie zu gestalten, einen Beruf zu erlernen, seine Berufung zu finden.

Und ich? Ich veröffentliche nächstes Jahr mein viertes Buch, forsche für meine Dissertation in einer Stadt am Mittelmeer und weiß auch nach einer durchgefeierten Nacht noch, dass „Fidelio“ Ludwig van Beethovens einzige Oper war.

E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Instagram: eva.muhlbacher